Wir Evolutionspädagogen – kleine Rebellen? 😉

Ja, wir sind ein eigenes Völkchen mit Ansichten und Meinungen, die nicht der Norm entsprechen. Aber das Spannende dabei ist: wer uns zuhört, gibt uns ziemlich schnell recht. Oder was ist deine Reaktion, wenn ich den Satz sage „Kein Kind darf verloren gehen“?

Die Evolutionspädagogik arbeitet mit den Ergebnissen der Hirnforschung.

Wir schauen uns das Verhalten von Kindern und Erwachsenen an. Wir bewerten nicht. Wir sehen höchstens, auf welcher Hirnentwicklungsstufe (davon gibt es im Model 7) unser Gegenüber nicht den Zugang zu seinem vollen Potenzial hat.

Ein Kind, dass um sich haut und beisst, wird von uns nicht gerügt und in eine Schublade gesteckt. Wir sehen „super, Kraft und Power hast du schon, jetzt geben wir dir nur noch das Aushalten-können dazu, damit du auf der Reptilienstufe die volle Bandbreite zur Verfügung hast“.

Ein Kind, dass sich nicht allein in den Kindergarten traut, lasse wir nicht weinend stehen und gehen weg. Wir sehen, „du bist schüchtern. Schüchtern sein heisst, sich schützen können. Wir geben dir die Neugier dazu“.

 

Aber was genau ist gemeint mit „Kein Kind darf verloren gehen“

Da kommt direkt wieder der Begriff der Norm ins Spiel. Was genau ist denn die Norm, was genau ist denn „normal“? Wir gehen aktuell sehr hart mit unseren Kindern ins Gericht. Wir messen sie. Wir bewerten sie.
Aber wir schauen nicht, was konntest du gestern und was kannst du schon heute. Wir vergleichen Sie nicht mit sich selbst und mit ihrem eigenen Fortschritt. Wir vergleichen sie mit einer Liste, mit einer Normtabelle. Je näher sie an dieser Tabelle sind, umso besser werden sie bewertet. Wie unfair ist es, alle in allem zu messen und zu vergleichen!

Hand auf´s Herz: wie viele Dinge können Sie richtig gut? Richtig, richtig gut? Wie viele sind es? Überlegen Sie nochmal, ob Ihnen nicht noch etwas einfällt.

Und wie viele Dinge können Sie kaum oder gar nicht? Können Sie Hubschrauber fliegen? Eine Herz OP durchführen? Ihren Namen sticken? Ein 4 Sterne Menü für zaubern? Griechisch sprechen? Einen Marathon laufen? Wie viele Dinge können Sie nicht?

Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie werden in ALLEN Disziplinen geprüft. Wie oft sind Sie stolz auf ihr Ergebniss? Und wie oft bekommen Sie eine schlechte Bewertung?

Nur so am Rande: Wussten Sie, dass eine Ablehnung erst durch 4-7 positive Erfahrungen aufgewogen bzw. neutralisiert wird, was unser Selbstbild angeht?

Aber was haben wir denn jetzt als Gesellschaft genau davon, dass wir bewerten und vergleichen und normieren, wo es nur geht?

Wir haben jede Menge Kinder, die erfahren, ich bin nicht gut genug. Gut genug WOFÜR?

Was versuchen wir denn, in unseren Schulen zu „produzieren“? Eine Reihe von Akademikern? Unzählige Herzchirurgen? Mathematiker? Hochleistungssportler?

Wo bleiben denn die, die uns unsere Häuser bauen? Unsere Einkaufsregale füllen? Unser Brot backen? Unsere Strassen sauber halten? Unsere Zeitungen schreiben, das Auto reparieren, unsere Zähne reinigen, unsere Kranken pflegen, …

KEINER darf verloren gehen, wir brauchen ALLE!

Jeden einzelnen! Mit genau seinen ihm eigenen Stärken und Interessen. Die Norm kann uns völlig egal sein, denn wir brauchen kein Mittelmass. Wir brauchen jeden Einzelnen als Experten auf seinem ganz eigenen Fachgebiet. Gehen wir doch mit unseren Kindern gemeinsam auf Schatzsuche und finden wir heraus, worin jeder Einzelne richtig gut ist.

Und was vor allem in unserer Zeit megaspannend ist: Wir wissen doch noch überhaupt nicht, welche Berufe es geben wird, wenn die Kinder, die heute eingeschult werden, ihren Abschluss machen. Heutzutage erfindet man sich seinen Beruf selbst, wenn es den passenden noch nicht gibt. Andere fallen dafür ganz weg. Die nächsten wandeln sich so sehr, dass sie nichts mehr mit dem zu tun haben, was es noch vor 20 Jahren war, denken wir z.B. an den altbekannten Automechaniker.

Es muss also vielmehr darum gehen, dass jeder herausfinden darf, „was liegt mir, was finde ich spannend, worin bin ich richtig gut. Worin möchte ich noch besser werden, weil es mich so sehr fasziniert? Besser als alle anderen. Womit möchte ich Stunde um Stunde verbringen und es zu meinem Beruf machen?“ Wir müssen unsere Kinder darin unterstützen, sich selbst zu erfinden, sich kennenzulernen, mit Rückschlägen umgehen zu können, die Neugier zu behalten.

WIR haben ehrlich gesagt noch keine Ahnung, welches Wissen unsere Kinder in 20 oder 30 Jahren wirklich brauchen.

Wir können Ihnen einen Rucksack schnüren, mit dem notwendigsten Survivaltools, einem guten Miteinander, Respekt jedem einzelnen gegenüber und der Anerkennung ihrer Individualität.

Keiner darf verloren gehen. Das sind die Worte, die uns Evolutionspädagogen in Fleisch und Blut übergegangen sind. Das war einer der Leitsprüche von Ludwig Koneberg, dem Schöpfer des Models der Evolutionspädagogik, in dem soviel Wissen und Wahrheit steckt und das so menschenfreundlich ist.

Ludwig Koneberg ist am 12.10.2020 gestorben. Er hinterlässt uns dieses unglaubliche Geschenk, das wir unaufhörlich weiter in die Welt tragen werden. Ich bin unfassbar stolz darauf, sagen zu können, ich habe ihn noch gekannt.

Ja, wir Evolutionspädagogen sind „kleine Rebellen“. Wir stehen auf der Seite jedes Einzelnen. Die Norm ist uns ziemlich egal, denn jeder Einzelne ist unglaublich wertvoll. Wir müssen nur lernen, dass jeder seinen eigenen Platz finden darf, an dem er sich pudelwohl fühlt und sein Potenzial voll ausschöpfen kann.